Martin Luther (1483-1546) hat einmal an die Adresse des Gelehrten Erasmus von Rotterdam (1465-1536) folgendes geschrieben: ''Friedhofsfriede ist nicht des Christen Ziel. Im Gegenteil: Das ist das immerwährende Los des Wortes Gottes, daß seinetwegen die Welt in Unruhe versetzt wird. Ja, Rumor und Tumultus sind gerade Echtheitszeichen für die Wirkung dieses Wortes: Die Welt und ihr Gott können weder noch wollen sie das Wort des wahren Gottes ertragen. Der wahre Gott kann weder noch will er dazu schweigen...''. Das Wort, worum es bei dieser Grundsatzdiskussion ging, war die Frage nach der Wirkungsmacht Gottes bei der Bekehrung und Rechtsprechung eines gläubigen Menschen. Im Prinzip wurde hier über den ''gesunden Menschenverstand'' debattiert, und der Theologe (Luther) widersprach dem Humanisten (Erasmus). Luther ging es um die existentiellen Fragen des Lebens, nicht um Kleinkram oder Dinge des persönlichen Geschmacks. Es ging um die Fragen: Der Wille Gottes oder der Wille Satans? Ewige Seligkeit oder ewige Verdammnis? Kind Gottes oder Kind des Teufels? Freiheit oder Sklaverei? Geist oder Fleisch? Gerechtigkeit Gottes oder Werkgerechtigkeit? Und auch bei uns geht es um diese Fragen. Kein Mensch kann sich da heraus halten oder eine liberale Position einnehmen. Früher oder später findet uns die Wahrheit. Das Leben fordert uns quasi täglich dazu auf Entscheidungen zu treffen - im Großen oder im Kleinen. Gerade auch als Christen sollte uns das bewusst sein. Wonach richten wir uns, und was treibt uns wirklich an? Paulus schreibt der Gemeinde in Philippi: ''Und um das bete ich, daß eure Liebe noch mehr und mehr überströme in Erkenntnis und allem Urteilsvermögen, damit ihr prüfen könnt, worauf es ankommt, so daß ihr lauter und ohne Anstoß seid bis auf den Tag des Christus, erfüllt mit Früchten der Gerechtigkeit, die durch Jesus Christus [gewirkt werden] zur Ehre und zum Lob Gottes''.
Je nachdem für welche Dinge und Handlungen wir uns entscheiden, ehren wir Gott oder betrüben den Heiligen Geist (Epheser 4,30). Diese Verantwortung und Handlungsfreiheit haben wir. Wenn es aber um die Frage nach dem ewigen Heil geht, so gibt es tatsächlich einen Unterschied zwischen dem Frieden Gottes, den wir im Evangelium Jesu Christi finden, oder einem ''Friedhofsfrieden'', den wir bestenfalls erfahren, wenn wir den Glauben als ein Werk der eigenen Entscheidungen betrachten. Das wäre ein heimtückischer, aufgesetzter Friede. Es ist nicht so, daß wir durch unseren Glauben Jesus ins Leben rufen. Es ist genau umgekehrt. Gott muss uns lebendig machen und zur Buße führen, damit wir uns bekehren können. Jesus ist auch ohne uns das Leben in Person (Johannes 14,6). Und auch wenn wir Christen sind, ist es der Geist Gottes, der uns antreiben soll, nicht das Fleisch. Darum ging es auch in dem Disput zwischen Luther und Erasmus. Haben wir einen humanistischen oder einen biblischen Glauben? Schwelgen wir uns in einem trügerischen Frieden oder lassen wir die heilsame Unruhe zu? Haben wir einen ''vernünftigen'' aber toten Friedhofsglauben, oder regiert der Friede Gottes, über alle menschliche Vernunft, unser Herz und unsere Seele (Philipper 4,7)? Paulus schreibt in Kolosser 3,15: ''Und der Friede Gottes regiere in euren Herzen; zu diesem seid ihr ja auch berufen in einem Leib; und seid dankbar''! Reden wir in Dankbarkeit, weil wir biblisch als Berufene im Heiligen Geist glauben dürfen, oder plappern wir, weil wir moralisch glauben wollen, und meinen, es aus uns selbst produzieren zu können? Wo bliebe hier die Ehre Gottes? Luther hatte das verstanden, Erasmus nicht.