Liebe sucht nicht das, was einer hat, sondern was einer ist. Das immer unterscheiden zu können, fällt nicht wenigen Menschen schwer. Manchmal ist die Enttäuschung und Ernüchterung groß, wenn man merkt, daß man von anderen über seinen Besitz definiert wurde, und die Liebe schwindet, wenn man nichts mehr zu bieten hat. Das ist so leider nicht selten die Realität. Paulus wusste um diese Dinge und legte daher wert darauf zu betonen, niemandem zur Last gefallen zu sein oder sich durch List und Tücke irgendwelche Sympathien erschlichen zu haben. In 2. Korinther 12, 15 steht: „Ich aber will sehr gerne Opfer bringen und geopfert werden für eure Seelen, sollte ich auch, je mehr ich euch liebe, desto weniger geliebt werden“. Er war nicht liebevoll und freundlich, weil er etwas wollte, sondern weil er etwas geben konnte. Daß hinter Engagement, Hingabe und Präsenz einfach auch ehrliche Liebe und ungeheucheltes Interesse stecken kann, fällt einem heutzutage wohl immer schwerer zu glauben, weil man davon ausgeht, daß jeder irgendwo doch nur seinen eigenen Vorteil im Sinn und Blick hat - auch unter Christen! So ein (sündiges) Denken ist bei Paulus (und sicherlich auch vielen anderen heutigen Christen) schlichtweg falsch und unzutreffend. William McDonald schreibt: „Hier erhalten wir einen sehr schönen Einblick in die nicht zu unterdrückende Liebe des Apostels für das Volk Gottes in Korinth. Er war bereit, sich »gern« für ihre Seelen in unermüdlichem Dienst und Opfer hinzugeben, d. h. für ihr geistliches Wohlergehen. Er liebte sie mehr als die Irrlehrer in ihrer Mitte es taten, doch wurde er von ihnen »weniger wiedergeliebt«. Doch das war für ihn nicht ausschlaggebend. Auch wenn er nicht auf Gegenliebe von ihnen hoffen konnte, würde er sie doch weiterhin lieben. Darin folgte er völlig dem Herrn“. Wenn jemand wie Paulus immer wieder gerne von Jesus Christus redet (und sich dabei vielleicht auch manchmal wiederholt) macht er das wohl kaum, um sich zu entschuldigen oder zu verteidigen, sondern tatsächlich aus ungetrübter Liebe und aufrichtiger Sorge um seine Glaubensgeschwister. In 2. Korinther 12,19 lesen wir: ''Schon lange werdet ihr denken, dass wir uns vor euch verteidigen. Wir reden jedoch in Christus vor Gott! Aber das alles geschieht, meine Lieben, zu eurer Erbauung''. Paulus hätte sein Leben gelassen für seine Glaubensgeschwister, und wenn wir die außerbiblischen (geschichtlichen) Berichte lesen, wissen wir, daß es tatsächlich so gekommen ist. Die meisten Historiker nehmen das Jahr 67 nach Christus als Todesjahr an. Daß er unter Kaiser Nero den Märtyrrertod (Enthauptung) gestorben ist, gilt als wahrscheinlich.
Was macht wahre Liebe aus? Sie ist nicht auf Gegenliebe angewiesen. Sie sieht das Wesentliche und hat ein Ziel. Paulus drückte dies in seinem bereitwilligen Dienst für die Gemeinde in Korinth aus. Das tat er gerne. Deren geistliches Wohlergehen lag ihm am Herzen, auch wenn er das so nicht zurück bekommen hatte, und teils missverstanden wurde. Er blieb sich hier treu und folgte damit ganz der Gesinnung seines HERRN Jesus Christus. Auch uns kann das so geschehen, daß unsere Motive in Frage gestellt werden und manche denken, daß wir uns verteidigen müssten. Wer praktisch liebt, wird manchmal argwöhnisch gesehen, weil man sich leider immer weniger vorstellen kann (will) daß jemand sich für andere regelrecht aufopfert um der Sache des Glaubens willen. In Philipper 2, 14-18 schrieb Paulus: „Tut alles ohne Murren und Bedenken, damit ihr unsträflich und lauter seid, untadelige Kinder Gottes inmitten eines verdrehten und verkehrten Geschlechts, unter welchem ihr leuchtet als Lichter in der Welt, indem ihr das Wort des Lebens darbietet, mir zum Ruhm am Tag des Christus, dass ich nicht vergeblich gelaufen bin, noch vergeblich gearbeitet habe. Wenn ich aber auch wie ein Trankopfer ausgegossen werden sollte über dem Opfer und dem priesterlichen Dienst eures Glaubens, so bin ich doch froh und freue mich mit euch allen; gleicherweise sollt auch ihr froh sein und euch mit mir freuen“! Wenn wir für den Glauben arbeiten, tun wir dies wirklich um anderen zu dienen? So ein wenig Selbstgefälligkeit spielt vielleicht dennoch immer irgendwie mit? So ein Stück Eitelkeit und Geltungswunsch steckt vermutlich immer noch in uns drin. Zumindest im Vergleich zu Jesus Christus und auch Paulus, der sein offenes Herz sozusagen auf der Zunge trug und von der Gnade und Liebe Jesu so im positiven Sinne vereinnahmt war, daß er seine Glaubensgeschwister tatsächlich von Herzen liebte und ihnen kompetent diente, ohne an sich selbst zu denken. An ihm dürfen wir uns ein Beispiel nehmen und müssen uns auch nicht verteidigen, wenn wir nicht nach links oder rechts schauen, sondern unseren gerade Weg gehen um zu lieben, zu dienen und füreinander da zu sein in Jesu Namen.
Fortsetzung morgen...