Man kann keinen Menschen zwingen: Nehmt einander an. Nehmt euch untereinander an. Spontan fallen jedem eine Reihe von Gruppen, Milieus, ethnische Gruppen und Religionen ein, denen man gerne zurufen würde: „ Nehmt einander an.“ Jedem fallen auch bestimmt Gruppen im engeren Alltag ein: Kollegen, Jugendgruppen...., wenn man beobachtet, wie sie miteinander umgehen. Menschen bleiben links liegen.
Politiker könnten mehr auf die Bürger eingehen, Evangelische und Katholische könnten sich weiter annähern, Reich hilft Arm. Gegensätze und Risse machen deutlich, dass es mit dem einträchtigen Zusammenleben nicht weit her ist. Meist treffen zwei Lebenswelten, die sich voneinander entfremdet haben. Von alleine werden sich diese Welten nicht annähern. In unserem Herzen brennt die Sehnsucht zum Annehmen. In der Adventszeit wird der Friede und das Annehmen großgeschrieben. Viele Kinder schreien mit ihrem Verhalten: Eltern, nehmt einander an. In meinem Beruf häuft sich dieses Phänomen.
Paulus war von solcher Sehnsucht erfüllt, denn er wurde bei den Besuchen in den Gemeinden immer mit Konflikten konfrontiert. Rom lernte er nie persönlich kennen. Er erfuhr, dass es dort Unstimmigkeiten und Schwierigkeiten gab. Die Traditionalisten beharrten, dass man über die Befolgung der Tora den Glauben zu Jesus finden könne. Die Heidenchristen bezeugten mit dem Leben, dass man Christ sein kann ohne jüdisch geprägt zu sein. Die frohe Botschaft ist für alle Menschen frei zugänglich. Paulus schreibt am Ende des Briefes für den gegenseitigen Respekt untereinander aufeinander zuzugehen. Die Bibel wurde festgehalten, damit wir daraus Kraft, Hoffnung bekommen und daraus lernen.
Paulus‘ Aufforderung kann auch als ein Wink zur Gegenseitige Annahme von Christen und Muslime und zur Überwindung von Entfremdungen und gesellschaftlicher Spaltung. Es geht darum, wie wir als Menschen, mit unseren verschiedenen religiösen und nichtreligiösen Bindungen, Traditionen, kulturellen, sozialen und biographischen Prägungen miteinander umgehen. Paulus argumentiert rational. Er appelliert an den Verstand, an den Kopf. Da erkennen wir uns wieder. Zugleich sagt uns die Erfahrung: Was uns vom Verstand her einleuchtet, dass wird noch lange nicht umgesetzt. Paulus verweist auf Jesus, wie er Menschen angenommen hat. An Jesus fällt auf, dass Reden und Handeln, Theorie und Praxis, Argumentieren Tun zusammengehen. Die Bergpredigt setzt er in seinem Alltag um. Gerade das hat viele irritiert, verärgert. Aber dieses : Nehmt einander an – gerade über Grenzen hinweg, das lebt Jesus bis zur letzten Konsequenz. Das macht ihn glaubwürdig.