Herrlich, weil Musik zu machen und Musik zu hören wunderbar ist. Gefährlich, weil Musik Geschmackssache ist und damit jeder eine eigene Vorstellung hat, welche Musik wunderbar ist. Versuchen wir uns dem Thema neutral zu nähern und über die biblischen Grundlagen zum Thema nachzuforschen. Klar ist, dass es keine Kassetten oder DVDs aus alter Zeit gibt und die Hinweise zur „Spielweise“ z.B in den Psalmen recht spärlich sind. D. h., wie Musik damals geklungen hat, wissen wir heute nicht. Vielleicht ist das auch gut so, sind die Meinungen über die heutige Musik doch schon spannend genug.
Eins aber ist sicher: Musik hatte zu allen Zeiten einen hohen Stellenwert, wie schon die frühe Erwähnung unter den Nachkommen Kains deutlich macht. Lamechs Sohn Jubal, „von dem sind hergekommen alle Zither und Flötenspieler“ (1. Mo 4,21), gilt als der Erfinder Musik. Diese hatte Bedeutung sowohl im religiösen Zusammenhang, wie auch bei „weltlichen“ Situationen. Ob im Krieg oder bei der Arbeit, bei Festen, zu Hochzeiten, zur Unterhaltung oder als Trauermusik: Musik hatte ihren festen Platz im Alltag der Menschen.
Um 1000 v.Ch. gab es mit der anbrechenden Königszeit und dem Tempelbau eine Prachtentfaltung der Kultur, die auch die Musik und ihren Einsatz in den Gottesdiensten förderte. 4000 Tempelsänger und Musiker wurden geschult und ergaben nach den Angaben aus den Chronikbüchern „meisterhafte“ Chöre (1. Chr 23). Zimbeln, Psalter, Harfen und Trompeten erklangen zum Lob Gottes und erfreuten die (damaligen) Ohren der Menschen.
Doch Lieder und Musik erklangen nicht nur als Lobgesang zur Ehre Gottes. Not und Bedrängnis, Klage und Anklage wurden in Liedern und Musik zum Ausdruck gebracht. Psalmüberschriften mit Hinweisen für Musiker machen das deutlich. Zum Beispiel Psalm 6,1: „Ein Psalm Davids, vorzusingen, beim Saitenspiel auf acht Saiten“ und dann folgt nicht ein Lobgesang, sondern ein Bußgebet. Oder Psalm 22, der vom sterbenden Jesus am Kreuz gebeten wird (V2): Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?“ Dieser große Leidenspsalm beginnt: „Ein Psalm Davids, vorzusingen, nach der Weise »Die Hirschkuh, die früh gejagt wird«.“
Diese große Spannweite der Lieder und Musik, vom Lobpreis bis zur bitteren Klage, vom beruhigenden Klang bis zur aufwühlenden Melodie, diese Spannweite gibt es auch heute noch. Wir spüren dabei: Musik bleibt nicht ohne Wirkungen. Musik beruhigt oder regt an, Musik schafft positive oder negative Gefühle. Es gibt Klänge, bei denen fühle ich mich wohl, und andere, bei denen mich unangenehme Empfindungen beschleichen. Nur ist es schwierig, solche Wirkungen immer eindeutig vorherzusagen.
Wenn zum Beispiel Davids Harfenspiel König Saul beruhigte und den bösen Geist vertrieb (l. Samuel 16, 23), dann war das zweifellos eine positive Wirkung von Musik. Aber daraus abzuleiten, dass sanfte Harfen oder Gitarrentöne grundsätzlich ihren Hörer positiv beeinflussen, wäre zu kurz geschlossen. David spielte eines Tages wie immer bei Saul. Aber diesmal beruhigte ihn das überhaupt nicht, stattdessen hätte er David beinahe getötet (l. Samuel 18, 10.11).
Das zeigt: dieselbe Musik kann auf denselben Menschen durchaus unterschiedlich wirken. Hier hat jeder sicher auch schon persönliche Erfahrungen gemacht, sowohl im Blick auf das eigene Empfinden, als auch im Blick auf Reaktionen bei anderen. Bringt einmal das Loblied genau meine Stimmung zum Ausdruck kann das gleiche Lied ein andermal in einer bedrückenden Lage geradezu Unmut bei mir bewirken. Rührt mich eine Musik im Gottesdienst so an, dass ich offen werde für Gottes Reden, kann ein anderer so aufgeregt werden, dass er innerlich „zu macht“. Es ist wichtig, beim Einsatz und beim Hören und beim Beurteilen von Musik, sich diese unterschiedliche Wirkung bewusst zu machen.
So gilt es wohl zu allen Zeiten: Musik: welch ein herrliches Thema – welch ein gefährliches Thema.