Liebe Brüder und Schwestern in Christus!
Suchen wir nach Gott? – Mir ist dazu eingefallen, wie viele Geschichten es doch aus alter und Älterer Zeit dazu gibt, dass Menschen sich aufmachen, Gott zu suchen. Nur: Es ist keine einzige dabei, die wirklich heute – mitten in unserem Leben – spielt, mitten in unserer Zeit, wie sie wirklich ist – immer sind es nur Geschichten und Märchen, nicht aus unseren Tagen, nicht aus unserer Welt. Ob das ein Zufall ist? Ob wir daran erkennen können, dass unsere Zeit und die Menschen heute, nicht (mehr) oder nur selten nach Gott suchen?
Ob das mit den tausend Dingen zu tun hat, die wir heute haben, die unsere Zimmer, Regale und oft genug auch die Herzen und Gedanken füllen? Gewiss fiel das unseren Großeltern noch leichter, sich auf Gott und seine Sache einzustellen. Damals war ja etwa der Gottesdienst am Sonntag noch eine Gelegenheit, einfach einmal etwas anderes zu sehen und zu hören, eine Zerstreuung sozusagen, eine willkommene Abwechslung im oft eintönigen und harten Alltag. Man kann das sicher verstehen, dass es Gott und sein Wort in früheren Zeiten leichter hatte, zu den Menschen vorzudringen. Andererseits: Wäre es nicht gerade heute nur umso wichtiger, dass wir in Gott und seinem Willen eine Orientierung für unser so kompliziertes und verwirrend vielfältiges Leben hätten?
Und wo suchen wir Gott – wenn wir das schon einmal tun? In der Kirche oder in den persönlichen Herrgottswinkeln unseres Lebens und meist bei ganz besonderen, außergewöhnlichen Anlässen. An den Festtagen z.B., oder beim Jahreswechsel. Und dann bei Taufen, Konfirmationen, Hochzeiten, Jubiläen unserer Ehe oder des Vereins, an hohen, runden Geburtstagen und schließlich beim Abschied von einem Menschen, der aus diesem Leben gegangen ist. Wo wir aber nicht suchen oder doch kaum, das ist unser Alltag, dort, wo wir die meiste Zeit verbringen, in unserem Haus, unserer Wohnung, unseren Beziehungen zu den Menschen, den Angehörigen, den Nachbarn… Dabei wissen wir es doch oder ahnen es wenigstens: Da wäre Gott zu finden! Da ist er, denn da muss er sein! Er ist doch – als er in Jesus Christus in unser Menschenleben eingegangen ist – auch nicht irgendwo am Rand oder gar außerhalb der Welt Fleisch geworden, sondern mittendrin! Wenn wir das also tun wollen, Gott von ganzem Herzen suchen, dann sollten wir mitten im Leben mit dieser Suche beginnen, in unserm Alltag, dort wo wir und die Menschen sind, die zu uns gehören und denen wir begegnen. Dort – zuallererst! Aber noch einmal: Wo werden wir Gott finden? Vielleicht ganz nah…in unserer Beziehung zu unserem Lebenspartner oder denen, die mit uns im Haus leben. Denn ist es schon recht kalt geworden zwischen uns, und wir haben es gar nicht bemerkt? Mit einem guten Wort, einer freundlichen Geste ließe sich manches neu erwärmen! Und das lässt sich auch ausdehnen auf alle, die uns den Tag über begegnen. Sicher wird es unserem Nachbarn gegenüber anders sein, als im Verhältnis zu denen, die unter demselben Dach mit uns wohnen. Aber auch hier kann die Liebe Gottes die Beziehungen verbessern! Aus einem bloßen Gruß hin und her können ein paar Minuten des Gesprächs werden. Und wenn wir uns einmal erkundigen, wie es denn der Mutter geht oder was der Sohn jetzt so im Studium macht, dann werden wir von Nachbarn, die zufällig Tür an Tür wohnen, ganz schnell zu Freunden, die einer am anderen Anteil nehmen. – Und das beste an diesen kleinen Zeichen der Liebe, der Zuneigung und des Interesses ist vielleicht, dass sie gar nicht viel kosten: Weder viel Zeit, noch viel Aufwand und Kraft. Aber wie wertvoll ist das, was hier zwischen uns entsteht!
Ich glaube fest, das ist Gott, ein ganzes Stück von ihm, das da unter uns wächst und – wenn wir es wollen – seine gute Macht entfaltet. Aber es gibt sicher noch ganz andere Möglichkeiten, Gott heute im alltäglichen Leben zur Geltung zu bringen: Wir können jeden Tag ein Gotteswort zu uns sprechen lassen, die Tageslosung oder die kleine Andacht aus einem Kalender lesen, beim Frühstück vielleicht, oder wenn uns das besser in unseren Tageslauf passt, auch am Abend. Und vielleicht machen unsere Hausgenossen ja mit dabei. Wir müssten halt einmal fragen. Wie von selbst wird das Leben so ein wenig innerlicher und tiefer. Wir kommen mit den wesentlichen Fragen in Berührung, mit dem Woher und Wohin und dem Wozu unseres Lebens. Und vielleicht finden wir bei unseren Leuten sogar Gesprächspartner, die sich mit uns darüber austauschen? Schließlich können wir auch noch im Gebet mit Gott in Kontakt kommen und bleiben. Und auch das macht so wenig Mühe und ist immer und überall möglich! Aber wie groß ist die Hilfe, die daraus entsteht, der Trost, der sich von daher über uns breitet, der Mut, der uns stark macht und die Freude, die uns erfüllt!?
Ich möchte sie einladen, dass sie in Ihrem Alltag damit beginnen an den ganz alltäglichen Orten und Gelegenheiten nach Gott suchen, und ich bin sicher, er wird sich finden lassen! Amen.