Kennt ihr das? Da hat jemand einem etwas angetan und man hat eine alte Rechnung mit ihm offen. Irgendwann werde ich ihm das heimzahlen! Diesen Satz bekomme ich oft als spontane, erste Reaktion von den Kids in meinem Beruf zu hören, wenn sie sich gestritten haben.
Mir fällt dann immer die Joseph-Geschichte ein. Nie würde er, Joseph, die bösen Stunden vergessen können, die er da hilflos tief unten in der Grube lag, gefangen in der Zisterne.
Harmlos war er hinausgewandert auf die Hochweiden, um bei seinen Brüdern und den Herden nach dem Rechten zu sehen. Da hatten sie ihn gepackt. Neid, Zorn auf diesen hochmütigen Liebling des Vaters machten sie sich Luft.
Im bunten Rock kam er daher, nicht in Arbeitskleidung wie sie! Umgebracht haben sie ihn aber dann doch nicht. Aber schlimm genug kam es: Aus der Grube heraus verkauften sie ihn an Händler; in ägypten musste er als Sklave leben, zeitweise auch im Gefängnis. Schlimm genug!
Das war schon eine Rechnung, die beglichen werden musste. Jetzt hatte er sie in der Hand., die Brüder. Das Blatt hatte sich gewendet: Er war oben an der Spitze des Reiches; er war zum Ernährer ganzer Völker geworden - sie hatte der Hunger hergetrieben., als Bittsteller, abhängig von Joseph. Und nun in Angst vor Joseph. Der sagte aber: ''Fürchtet euch nicht, denn ich bin unter Gott.''
Keine Abrechnung also, keine Rache. Gereizt hatte es ihn schon, den Joseph. Wen hätte es nicht gereizt? Auf die Probe hat er die Brüder gestellt, ihnen Angst gemacht. Dann riss er sie zurück: keine Rache! Er steht doch nicht an Gottes Stelle! Joseph hat gemerkt: Gott ist längst dabei, der bösen Geschichte eine gute Wendung zu geben. Die Brüder sind unter Gott wie er selber.
Wir sind unter Gott - nicht nur Joseph. Gott ist in meiner Geschichte. Er hat mein Leben in der Hand. Und auch mein Recht. Auch meine Rache.
Unter Gott beginnt der Frieden. Den wünsche ich dir für heute.