''Die süßesten Früchte fressen nur die großen Tiere'' – vielleicht kennt der eine oder andere von uns diesen alten Schlager noch. Und so alt dieses Lied sein mag, es entbehrt nicht an Aktualität. Manchmal nämlich denke ich, dass uns Christen heutzutage auch oft bloß das Fallobst bleibt. Machen wir uns als Christen denn nicht lächerlich, wenn wir daran festhalten, dass der Sonntag nicht nur zum Ausschlafen da ist? Dass Liebe nicht im Bett anfängt und beim ersten Streit aufhört? Dass der Mensch Erlösung braucht und dass Jesus Christus uns erlöst hat?
Lassen wir uns etwa tatsächlich die süßen Trauben wegfressen, so dass für uns nur der Essig übrig bleibt? Manchem unserer Mitmenschen erscheint es wohl so, und nicht wenige erliegen der Versuchung und mischen sich unter diejenigen, die sich um die süßen Trauben raufen. Schauen wir auf obigen Text des Propheten Jesaja, dann sehen wir, dass er uns einen anderen Weg weist. In einer Vision vom zukünftigen Reich Gottes spricht er von einem Festmahl, das Gott für die Völker geben wird. Ja, nicht nur von einem Festmahl, sondern von einem Gelage, mit den besten und erlesensten Weinen.
Vielleicht – so denke ich mir - ist das die Lösung. Vielleicht erliegen wir einfach allzu leicht der Versuchung, nur an den schnellen Genuss zu denken. Die süßen Trauben schmecken freilich gut, aber wer sie alle aufisst, wird nie erleben können, wie aus ihnen köstlicher Wein wird. Wir Christen haben nämlich eine Hoffnung, die über diese Welt hinausreicht. Wir werden von Gott zu einem Gastmahl geladen werden, das an Üppigkeit und Fröhlichkeit nicht zu überbieten ist.
Nun kann man natürlich sagen: Ja, ja, typisch Kirche, immer auf das Jenseits vertrösten. Aber gerade darum geht es mir hier nicht. Wir leben jetzt, in dieser Welt, und der Schöpfer hat sie uns zum rechten Gebrauch, aber auch zu einem Leben in Freude überantwortet. Bei aller Freude und aller Lebenslust aber sollten wir dabei nicht vergessen, dass diese Welt vergänglich ist und dass uns bei Gott ein ganz neues Leben in noch mehr und noch größerer Freude erwartet. Für uns gilt es dabei zu überdenken, ob jeder Genuss, ob jeder Reiz ausgekostet werden muss. Wäre es nicht manchmal besser, auf manchen vorschnellen Genuss zu verzichten? Zugegeben: auch die süßen Trauben sind nichts Verbotenes, sondern ein Teil von Gottes guter Schöpfung. Dennoch sollten wir Vorsicht walten lassen.
Und einer Versuchung sollten wir als Christen auf keinen Fall erliegen, nämlich der, über diejenigen richten zu wollen und die Nase zu rümpfen, die sich in unseren Augen falsch verhalten und sich z.B. in den schnellen Genuss flüchten, denn: Zum himmlischen Hochzeitsmahl sind, wie man hört, vorzugsweise Bettler und Sünder eingeladen.
Aber zumindest ich mache mir da keine allzugroßen Sorgen: Auf wen von uns träfe denn zumindest das zweite davon nicht zu ... ? ;-)