Irgendwie gefällt mir der Psalm 73 immer wieder aufs Neue. Diesen Psalm, in dem sich der alttestamentliche Beter mal so richtig Luft macht über die Angeber und Großmäuler seiner Zeit, nannte einmal ein geistlicher Lehrer von mir den ''Goebbelspsalm'', denn Joseph Goebbels war ja in der unseligen Nazizeit das Großmaul der ganzen Nation.
Aber dieser Psalm ist nicht nur belustigend für mich, nein er beunruhigt mich auch. Goebbels – um bei diesem Bild zu bleiben – muss ja nicht nur einen großen Stammbaum in der Vergangenheit gehabt haben, sondern auch eine Menge Enkel und Urenkel besitzen, mit denen wir es in unserer Zeit zu tun haben. Ich spreche hier von all den Angebern und Großmäulern, die es unter uns gibt, die mich aufregen, und die ich nicht leiden kann.
Ja, ich gestehe es, mich regen sie auf,
- die Salonlöwen, die sich mit ihren anrüchigen Abenteuern aufplustern und brüsten,
- die eitlen Fatzkes, die sich vor dem Spiegel am liebsten küssen möchten,
- die Großtuer, die sich ihre Zigarette mit einem 50-Euro-Schein anzünden,
- die „Halbgötter in Weiß“, die sich damit grosstun und damit angeben, noch bei keiner Operation eine Seele gefunden zu haben,
- die Schreibtischtäter in den verschiedensten Positionen in den Medien,
- die Theologen, die das Christentum verwässern, um es wie die Marktschreier unters Volk zu bringen und anzupreisen, als wäre es ein Schnäppchen im Sommerschlussverkauf.
Nein, ich mag sie nicht,
- die Demagogen an den verschiedensten Kundgebungsmikrofonen,
- die Sprücheklopfer, Polterer, Maulhelden jeder Fasson,
- die Allesbesserwisser in den Diskussionsrunden,
- die Quacksalber und Gesundbeter, die als Heilspropheten durch die Lande ziehen,
- und schon gar nicht die Spötter mit ihren geschmacklosen Witzen über Gott, Jesus, Kirche und Christentum, und die das angeblich so dumme Volk, das diesen Humbug noch glaubt, verspotten.
Jetzt glaube ich aber, muss ich selbst Gott um Verzeihung bitten. In habe mich jetzt so richtig in Rage geredet bzw., geschrieben – und dahinter kann auch eine gehörige Portion Hochmut lauern, denn wen reizt es denn nicht, sich selbst in den Gerichtssessel zu schwingen, andere Leute herunterzumachen und zu verurteilen. Dabei ist man aber immer in der Gefahr, sich mit denen, die man kritisiert gleich zu machen, selber auf die Pauke zu hauen und sich vom Volk das diese Botschaft hört und mit vollen Zügen schlürft, bewundern und preisen zu lassen.
Und um eben dieses Volk geht es mir doch eigentlich, um die Menschen inner- und außerhalb der Kirche, die Tag für Tag überschüttet werden mit Schlagzeilen und Schlagworten. Und mir geht es um jene, die in Fernsehstudios und Redaktionszimmern ihren Dienst tun und die es nicht leicht haben, der Verführung zu widerstehen und der Wahrheit treu zu bleiben. Viel Verantwortung liegt auf ihnen und sie mühen sich ab und werden dennoch oft genug und leider Gottes zu den Prügelknaben der Nation gemacht. Und genau so geht es all denen, die in der Verkündigung stehen, sei es als Seelsorger, sei es als Religionslehrer. Wie viel haben diese Menschen doch einzustecken, auch wenn sie sich redlich bemühen, ihre Hörer und Schüler in den Mantel der Wahrheit schlüpfen zu lassen, obwohl sie des Öfteren versucht sind, ihnen die Wahrheit wie einen nassen Lumpen um den Kopf zu schlagen.
Darum muss ich Gott, unseren Vater um Verzeihung bitten, weil ich mir Luft gemacht habe. Es liegt an mir und an uns, darum zu beten, dass die Betroffenen, die Schreiber, Leser, Prediger, Kommentatoren, Redakteure, Produzenten usw. einen guten Geist, gute Gedanken und Ideen haben und den Mut zu gerechter Kritik und Dankbarkeit für alles Gute, Wahre und Schöne erhalten.