Heute stehe ich in der Morgendämmerung eingehüllt in ein wunderschönes Farbenspiel des Himmels am frühen Morgen.
Mein Kraftwerk arbeitete auf vollen Touren.
Ich arbeite und wachse besonders während der Nachtschicht.
Ich werde heute einige Tonnen Wasser befördern müssen.
Denn...
es wird heiß werden.
Heiß, heißt auch für mich mehr arbeiten als sonst.
Ich werde mich ins Zeug legen.
Da mein Wurzelwerk über mehrere 1000km lang sein kann, habe ich unter dem Bach meine schönsten und ergiebigsten versteckt.
Das Wasser wird heute mit ca. 44m/h von den Wurzeln bis zum Blatt befördert werden und das können heute, denke ich mal, ca. 100 l sein.
Ich muss ja auch Sauerstoff produzieren, was heute mindestens schlappe 8200 l sein werden.
Dann habe ich noch mit ungefähr 2kg Material in Form von Staubkörnern zu kämpfen, die mal eben so durch die Luft fliegen, und ich will unbedingt noch stolze 12 kg Traubenzucker erarbeiten.
Warum ich mich so anstrenge?
Ich bekomme Besuch.
Wieso ich das weiß?
Die Kombination, Bach, Sonne, Hitze, ich, ist wie eine Einladung.
Ich brauche nicht einmal Karten verschicken, die ich dann versenden müsste. Nein.
Das haben andere für mich gemacht.
Von mir gibt es Fotos.
Auf diesen Fotos sehe ich sehr gut aus, mit meinem imposanten Aussehen, meine Blätter kommen sehr gut zur Geltung, ich sehe darauf aus, als wäre ich gestylt worden.
Auch mein Stamm ist nicht zu verachten, denn dieser hat ein tiefes Braun, mit kleinen hellen leuchtenden Punkten darauf, weil noch ein paar Spritzer vom Bad nicht getrocknet waren.(„kicher“, der kleine Vogel, der das Glitzern verursacht hat, ist nicht auf dem Bild zu sehen. Er hatte in dem Bach ein kleines Bad genommen und sich so geschüttelt, dass es bis zu mir spritzte)
Also, alles in allem ein wunderschöner Anblick.
Und da kommen sie schon...
Alt und jung,
mit Körben und Decken,
in Kleidern und Hosen,
lachend und schwatzend,
erst in den Bach,...
dann zu mir.
„Man soll euch ein wenig Wasser bringen und eure Füße waschen, und lehnt euch unter den Baum.“1. Mose 18.4