Liebe Brüder und Schwestern in Christus!
Das ist wieder einmal so ein Wort! Das hört man sich an. Dann denkt man kurz darüber nach. Dann hält man es für ziemlich weltfremd und undurchführbar. Dann tut man's beiseite. Dann hat man's vergessen.
Ist dieses Wort zu solchem Gebrauch gedacht? Zweifellos nicht. Was aber könnte es davor schützen, dass wir's als völlig abgehoben und weltfremd betrachten? Neulich sagte ich: „Die Bibel ist der allein verbindliche Maßstab des Glaubens; alles andere ist nur an ihr zu messen.“ Darauf erwiderte ein katholischer Priester: „Was zur Bibel gehört, hat die Kirche in mehreren Jahrhunderten entschieden. Diese puristischen Äußerungen haben einen fundamentalistisch protestantischen Anstrich und sind zu ideologisch“. Mit puristischen Äußerungen meinte er: eine Geisteshaltung, die nach Reinheit geistiger Schöpfungen strebt …. Da werden diejenigen, die treu am Apostelwort festhalten und Irrlehre ausschließen wollen, angegriffen: „Ihr verhindert die Einheit der Kirche, weil ihr so engstirnig seid, so dogmatisch! Ihr seid intolerant und lieblos gegen diejenigen, die eine andere Meinung haben!“ Man darf heute fast alles in der Kirche lehren und behaupten, nur dies nicht, dass jemand dem Apostelwort untreu geworden ist, Irrlehre verbreitet oder im Ungehorsam lebt.
Immerhin steht dabei ja viel auf dem Spiel: Welche Worte Jesu wollen wir denn am Ende gelten lassen? Nur die, die uns gefallen? Nur solche, die wir auch in die Wirklichkeit umsetzen wollen oder können? Nur jene gar, die unsere Mitmenschen betreffen - weil das ja schließlich am bequemsten ist!? Es gibt noch eine Lesart für solche Herrenworte, die hat für sich, dass sie nicht nach leichten und schwere Worte unterscheidet und nicht nach durchführbar oder nicht fragt: Diese Lesart sagt immer das Wörtchen ''eigentlich'' dazu! Ganz konkret: „Überlegt auch ihr vorher, ob ihr wirklich bereit seid, alles für mich aufzugeben und mir nachzufolgen. Sonst könnt ihr nicht meine Jünger sein.“
Wenn man das so versteht, dann ist eines doch klar: Das ist ein Wort Jesu, an dem wir nichts zu rütteln oder zu deuteln haben. So soll es sein: Wir dürfen nicht in weltlichen Bindungen leben und verharren, wo Jesus uns ruft. Es soll nicht sein, dass wir irgendwelche menschlichen Interessen, Wünsche und Begierden höher achten als seinen Auftrag an uns! Wenn Jesus eine Aufgabe für uns hat - und wir hören sie ja auch ganz genau - dann gibt's nur eins: Tun, was er mich heißt. Das ist das eine. Durch dieses kleine ''Eigentlich'' kommt allerdings die Gnade und das Erbarmen meines Herrn hinzu: Er, Jesus weiß ja doch, dass ich so gar nicht sein kann. Immer wieder werden meinem guten Willen ja der eigene Geiz, die Ichsucht, die Angst, zu kurz zu kommen, im Wege stehen. Und dafür hat Jesus eben auch Verständnis und ein Herz. Und das war ja auch der Grund, warum er für mich ans Kreuz gegangen ist: Weil er die Schuld, in die ich immer wieder fallen werde, abtragen wollte, vergeben wollte. Wenn ich also immer wieder nur ''eigentlich'' gut bin und mich nur ''eigentlich'' recht verhalte, dann tritt sein Opfer am Kreuz für mich ein. Ich bin trotz des ''Eigentlich'' mit Gott im Reinen.
Nun gilt dieses Wort aber doch: „Überlegt auch ihr vorher, ob ihr wirklich bereit seid, alles für mich aufzugeben und mir nachzufolgen. Sonst könnt ihr nicht meine Jünger sein.“ Wir sollen uns schon bemühen, alle weltlichen, menschlichen Bindungen abzutun. Wir sollen Jesu Jünger sein und werden - nach Kräften. Er wird mit seinem Erbarmen ergänzen, wo wir nicht mehr geben können. Er macht uns zu Jüngern - auch da wo wir selbst es nicht fertigbringen, ihm nachzufolgen. Lernen wir an diesem Wort auch noch dies: Es ist nicht unser Verdienst, wenn wir auch nur annähernd zu sein vermögen, wie Jesus uns haben will: als seine Jünger. Eigentlich haben wir nur Gnade nötig. Eigentlich sind wir absolut unzulänglich zum Guten und zur Nachfolge. Eigentlich haben wir nur Zorn verdient. „Überlegt auch ihr vorher, ob ihr wirklich bereit seid, alles für mich aufzugeben und mir nachzufolgen. Sonst könnt ihr nicht meine Jünger sein.“ Man kann der Bedeutung dieses Verses nicht ausweichen und einfach verkennen. Es geht hier nicht darum, dass man bereit sein müsse, alles zu verlassen, sondern es heißt, dass man alles verlassen muss. Er möchte Männer und Frauen, die ihn mehr als alles andere in der Welt schätzen, dienen und nachfolgen – ohne ein aber!
Gott sei Dank setzt Jesus seine Treue und seine Liebe ein, dass wir auch mit unseren kleinen menschlichen Kräften seine Nachfolger sein können. Alle Worte Jesu gelten für seine Leute! Das Beste von allem ist, dass wir alles, was wir durch den Glauben an Christus gewinnen, niemals verlieren werden. Amen.