Wohl jeder evangelische Christ hat Psalm 23 irgendwann einmal auswendig gelernt. Der Herr ist mein Hirte, mir wird nichts mangeln, so beginnt er – und damit steht der schwerste Satz gleich am Anfang. Schwer deshalb, weil uns natürlich ständig etwas fehlt in unserem Leben - auch wenn wir anscheinend doch alles haben und im Luxus leben können. AQuch wenn wir das dickste Bankkonto unswer eigen nennen, das größte Auto fahren - irgendetwas fehlt uns dennoch: Es mangelt uns an Liebe, an Anerkennung, an Wertschätzung. Es mangelt uns an Menschen, die für uns da sind, oder für die wir da sein können. Aber haben wir eine Alternative? Könnten wir wirklich etwas anderes tun, als alles was wir zum Leben brauchen, einzig und allein von unserem liebevollen Gott zu erwarten? Sicher: Oft wird mir etwas fehlen, aber Gott wird diesen Verlust mit mir tragen und etwas Gutes für mich daraus erwachsen lassen.
''Er weidet mich auf einer grünen Aue und führt mich zum frischen Wasser. Er erquicket meine Seele.'' Lebendiges, frisches Wasser – was für eine Erquickung. Wer schon einmal auf einer Blumenwiese in der Nähe eines Wasserfalls in der Sonne gelegen hat und dabei den sanften, kühlenden und erfrischenden Wasserfilm auf seiner Haut gespürt hat, der weiß, wovon hier die Rede ist – nämlich von Ausruhen, von Genießen, von Gottes Nähe spüren. Davon träumen wir im Stress, des Alltags, das erwarten wir uns von Gott in den Augenblicken, wo wir uns ganz ausgebrannt und leer fühlen.
''Er führt mich auf rechter Straße um seines Namens willen.'' Wie leicht kann ich mich in der heutigen schnelllebigen Zeit verzetteln, den Überblick verlieren und vom rechten Weg abkommen.
Was ist mein Ziel, wo will ich hin?
Was wird aus meinem Leben werden, was ist meine Aufgabe?
Wo steckt der Sinn in meinem Dasein?
Wer gibt mir Tipps, wer berät mich, wer weiß Bescheid, auf wen kann mich verlassen?
Gott weiß Bescheid, er kennt mich besser, als ich mich selbst. Er weiß bestimmt, was gut für mich ist, von ihm lass ich mich leiten. Dann kann nichts schief gehen. Und wenn doch, dann ist er auf jeden Fall bei mir. Er hält mich, begleitet mich, trägt mich. Denn: ''Und ob ich schon wanderte im finstern Tal, fürchte ich kein Unglück; denn du bist bei mir, dein Stecken und Stab trösten mich.'' Im Dunkeln, im Gewitter, in der Finsternis, in Todesangst, bei Schicksalsschlägen, als Opfer von Gewalt und Terror gilt: Gott ist stärker als der Tod, er ist ein Freund, der mich beruhigt und tröstet und mit dessen Hilfe ich wieder laufen lernen kann. Schritt für Schritt gehen wir so durch die finsteren Täler unseres Lebens und finden zurück ins Leben. Oder wir finden das neue Leben, das auf der anderen Seite des Tales beginnt. Diese Worte sind die zweitschönsten im Psalm, weil sie von Ängsten sprechen, die mit Gottes Hilfe verschwinden. Niemals wird Gott uns im Stich lassen und ganz besonders im Leiden und Sterben nicht. Nein, im Gegenteil: ''Du bereitest vor mir einen Tisch im Angesicht meiner Feinde. Du salbst mein Haupt mit Öl und schenkst mir voll ein.'' Das ist für mich die schönste Stelle. Mitten im größten Sturm, im Angesicht von Tod und Teufel sagt Gott zu den Menschen: „Nehmt Platz, esst und trinkt etwas. Ruht euch aus und ich bediene euch.“ Und so kommt unser Leben zur Ruhe und wir finden Frieden. Mit dem kostbaren Salböl verbreitet er einen wundervollen Duft am Tisch. Und dadurch, dass er es auf unsere Köpfe ausgießt, zeigt er uns: Ihr seid meine geliebten Kinder, meine Söhne und Töchter, meine Gesalbten, mein wertvollster Besitz. Gott zeigt uns durch diese Salbung seine ganze Wertschätzung und Liebe. Und deshalb ist der Schluss des Psalms eigentlich eine Selbstverständlichkeit: Gott und seine Menschen gehören für immer zusammen. Wir begleiten uns gegenseitig, wir sind ein Team. Sein Haus ist unser Zuhause. ''Gutes und Barmherzigkeit werden mir folgen mein Leben lang, und ich werde bleiben im Hause des Herrn immerdar.'' Amen