Je länger man Christ ist, desto mehr hat man manchmal den Eindruck, daß man zwar an Erkenntnis und Erfahrung zunimmt, aber das praktische Leben in der Nachfolge, nicht selten leider nur hinterher hechelt. Oder man bekommt einfach mit der Zeit einen Eindruck von sich selbst, der einen nicht wirklich glücklich macht und die Sache entspannt beobachten lässt. Die Sünde wird mehr und intensiver wahrgenommen als noch vor einigen Jahren, und die Beschreibung des Menschen in der Bibel, wird immer mehr zu einer überaus persönlichen Angelegenheit. Ein gesegneter Mann wie Paulus, reich an persönlicher Erfahrung und Erkenntnis, hatte diese Momente sicherlich auch. Er schrieb in Römer 7, 19-24: ''Denn das Gute, das ich will, das tue ich nicht; sondern das Böse, das ich nicht will, das tue ich. Wenn ich aber tue, was ich nicht will, so tue nicht ich es, sondern die Sünde, die in mir wohnt. So finde ich nun das Gesetz, dass mir, der ich das Gute tun will, das Böse anhängt. Denn ich habe Lust an Gottes Gesetz nach dem inwendigen Menschen. Ich sehe aber ein anderes Gesetz in meinen Gliedern, das widerstreitet dem Gesetz in meinem Gemüt und hält mich gefangen im Gesetz der Sünde, das in meinen Gliedern ist. Ich elender Mensch! Wer wird mich erlösen von diesem todverfallenen Leibe''? Paulus stand also alles andere als darüber, sondern fühlte sich ebenso unwürdig, schmutzig, wider besserer Erkenntnis handelnd und unnütz, wie du und ich das vielleicht manchmal ebenso empfinden. Und dann hat man tatsächlich Angst davor als Heuchler dazustehen (zu sein) - anderen zu predigen und selbst verwerflich zu handeln! Das ist eine bittere Erkenntnis wenn es so ist. Es ist eine harte Sache zu erfahren, daß man längst nicht so über den Dingen steht, wie man das gerne wollte oder auch anderen vermittelt? Vermutlich sind die Worte eines Paulus, die wir heute in der Bibel lesen, ganz und gar nicht nur aus dem Ärmel geschüttelt, sondern Gott hat sie ihm abgerungen unter viel persönlichem Leid und der Wahrheit über einen selbst. Sich im Lichte Gottes mit Augen der Wahrheit zu sehen, ist nicht angenehm, sondern purer und nackter Realismus, von dem man im Geiste der Wahrheit (nämlich schuldig zu sein) kapitulieren muss. Paulus machte diese Erfahrung. Auch dadurch, daß er die Gemeinde Jesu bis auf's Blut verfolgte.
Und wenn auch ein Mann wie Petrus am eigenen Versagen verstehen muss, daß Gott die Schwachen erwählt hat und alles nur Gnade ist und Gott letztlich immer der souverän Handelnde ist, dann tut das zuerst ziemlich weh. Es gibt ja den Spruch: ''Es muss erst schlimmer werden, damit es besser wird'' - das ist wohl oft die Wahrheit. Paulus schrieb die Antwort auf seine rhetorische Frage selbst auf und ruft sie damit auch dir und mir zu: ''Dank sei Gott durch Jesus Christus, unsern Herrn! So diene ich nun mit dem Gemüt dem Gesetz Gottes, aber mit dem Fleisch dem Gesetz der Sünde'' (Römer 7,25). Aber wir werden auch in der Bibel aufgefordert, die Sache der Nachfolge in Kombination mit unserer Schwachheit, und der nach wie vor lebendigen Sündhaftigkeit eigenverantwortich ernstzunehmen. In Römer 13, 13-14 sagt uns der Apostel: ''Lasst uns ehrbar leben wie am Tage, nicht in Fressen und Saufen, nicht in Unzucht und Ausschweifung, nicht in Hader und Eifersucht; sondern zieht an den Herrn Jesus Christus und sorgt für den Leib nicht so, dass ihr den Begierden verfallt''. Man kann auch überfürsorglich mit sich selbst umgehen, und fahrlässig handeln (wider besserer Erkenntnis) und somit den Heiligen Geist betrüben - Epheser 4, 29-32: ''Lasst kein faules Geschwätz aus eurem Mund gehen, sondern redet, was gut ist, was erbaut und was notwendig ist, damit es Segen bringe denen, die es hören. Und betrübt nicht den Heiligen Geist Gottes, mit dem ihr versiegelt seid für den Tag der Erlösung. Alle Bitterkeit und Grimm und Zorn und Geschrei und Lästerung seien fern von euch samt aller Bosheit. Seid aber untereinander freundlich und herzlich und vergebt einer dem andern, wie auch Gott euch vergeben hat in Christus''. Alle diese negativen und bösen Dinge sind möglich, sonst würden sie nicht in der Bibel als Ermahnung erwähnt sein. Es ist ein Kampf und der neue (geistliche) Mensch in Christus, steht im Widerspruch zu dem alten (fleischlichen) Menschen, in dem wir noch stecken (Galater 5,17: ''Denn das Fleisch begehrt auf gegen den Geist und der Geist gegen das Fleisch; die sind gegeneinander, sodass ihr nicht tut, was ihr wollt''). Wir sollten eifrig Buße tun wenn wir gegen Gottes Geist handeln, und uns nicht vergraben, sondern den Kampf annehmen und uns auf Gottes ewige Treue und Barmherzigkeit verlassen - seine Gnade ist seine Ehre. Wir dürfen aufstehen und dankbar nach vorne blicken - es ist alles bezahlt!