Eine Begebenheit, die sich während meines Studiums in der Fußgängerzone in Regensburg zugetragen hat: Die Sonne stand schon tief und das Hasten und Schieben nach dem Feierabend war angsterregend. Ein junges Paar hielt sich umschlungen, Kuss und Händedruck beim Auseinandergehen. Ich hörte noch die Worte, die sie ihm beim Fortgehen nachrief: ''Also tschüß bis morgen und pass gut auf dich auf.''
Diese Begebenheit fiel mir wieder ein, als ich den Psalm 91 vor mir liegen hatte. Dort heißt es: ''Du hast dir den Höchsten als Schutz erwählt. Dir begegnet kein Unheil. Denn er bietet seine Engel für dich auf, dich zu bewahren auf allen deinen Wegen. Auf den Händen tragen sie dich, damit du deinen Fuß nicht an einen Stein stößt''
Nun ja, heute sagt man halt ''Tschüß'' und ''Bye, bye'' oder ''Bis dann''; früher sagte man ''Gott befohlen'' oder ''Behüte dich Gott''. Aber früher sagte man dieses ''Behüte dich Gott'' wohl oft genauso gedankenlos dahin, wie heute das ''Pass gut auf dich auf'' - ohne es als die Kurzform eines Gebetes zu verstehen.
Sicher ist, dieser Vers aus Psalm 91 schlug sich im täglichen Leben nieder und die moderne Form dieses ''Behüte dich Gott'' ist ''Pass gut auf dich auf''. Dabei ist die Welt heute wohl genauso wenig heil (vielleicht sogar noch weniger heil) als damals in der sogenannten guten alten Zeit, oder in der Zeit, in der der Psalmist diesen Psalm dichtete. Er spricht von Gefahren, Risiken und Unheilsdingen, von Gefahr aus der Dunkelheit, von den zehnmal tausend, die an seiner Seite fallen. Von Löwen, Nattern und Drachen, von der Schlinge des Jägers ist die Rede.
Nein, unsere Welt ist keine heile Welt, beileibe nicht, aber etwas ist heute anders: Heute traut man dem Gefährdeten zu, dass er alleine über alles hinwegkommt und alleine durch alles durchkommt, wenn er nur geschickt genug ist, die Augen offen hält, auf sich aufpasst.
Früher sang der Nachtwächter: ''Menschenwachen kann nichts nützen, Gott muss wachen, Gott muss schützen.'' Manchmal wünsche ich mir direkt, dass dieser antiquierte Brauch des Nachtwächters wieder eingeführt würde; mit einem Megaphon bewaffnet müsste er es jedem in die Ohren schreien, nicht nur nachts zu jeder Stunde, nein, den ganzen Tag über, ständig -
vielleicht würde das etwas ändern,
vielleicht würden dann die vielen Menschen, die Gott aus ihrem Leben verbannt haben, aufwachen,
vielleicht würde man aufhorchen, aufmerksam werden.
Aber ganz ehrlich: ich glaube eher dass das aller Wahrscheinlichkeit nach auch nichts nützen würde. Und deshalb lade ich euch alle ein: Halten wir an der Haltestelle des Psalms 91 an und gehen wir Schritt für Schritt unser Leben zurück;
fragen wir uns, wie es um unser Gottvertrauen bestellt ist;
fregan wir uns, wie es um unser Wissen um die Geborgenheit in Gott und seinem Wort bestellt ist;
fragen wir uns, ob wir auch diese traumwandlerische Sicherheit des Psalmisten aufbringen;
fragen wir uns, ob wir auch des Abends Gott dafür danken, dass er uns behütet hat auf unseren Wegen.
Ich bin sicher, wir werden feststellen, dass wir sehr oft diese Hilfe, diesen Schutz Gottes erfahren haben, wahrscheinlich sogar oft, ohne uns dessen bewusst gewesen zu sein.