Nehemia begann sein Gebet, indem er seinen Blick auf Gott richtete. Er fasst Mut und Vertrauen, dass er sich die Eigenschaften Gottes vor Augen stellte. Das ''Vaterunser'' folgt denselben Prinzipien: Zuerst richtet sich der Blick auf Gott -»Unser Vater im Himmel«- und seine Eigenschaften, die durch seine Namen ausgedrückt werden -»Geheiligt werde dein Name«. Wenn man nicht an Gott glaubt und nicht nach ihm fragt, dann ist Beten unmöglich oder sinnlos (Hebräer 11,6).Glaube ist kein Gefühl, sondern Gehorsam gegenüber Gottes Willen. Der Anfang von Nehemias Gebet (1,5) zeigt, dass er bereit war, ganz Gott zu gehorchen. Darauf baute sich sein Glaube auf. Vertrauen kann man nur zu jemandem haben, den man gut kennt. Bei einer Fürbitte müssen wir vor allem zwei Dinge über den anderen wissen, an den man seine Bitte richtet: Kann und will er tun, worum ich bitte? Nehemia wusste, dass Gott diese beiden Eigenschaften besitzt: Gott kann alles tun. Gott gibt uns das, was wir brauchen. Nehemia zweifelte weder an Gottes Fähigkeiten noch an seiner Zuverlässigkeit. Dies war für ihn ein Fundament, um in der Fürbitte vor ihn zu treten. Vertrauen wir, dass Gott kann und will oder zweifeln wir an seinen Fähigkeiten oder an seiner Zuverlässigkeit? Die Antwort darauf sagt viel über unser Gebet aus.
Ein weiteres herausleuchtendes Merkmal in Nehemias Gebet ist seine Identifikation mit der Sache. Gott bekennt sich zu denen, die ihm gehorchen. Wer Gott liebt, der hält seine Gebote (Johannes 14:,5). Wegen seiner sturen Sünde wurde ein Teil des jüdischen Volkes ins Exil nach Babylon verschleppt. Nehemia musste sich dieser Tatsache bewusst zu sein, wenn er Gott bitten wollte. Das Anliegen, wofür er litt und bitten wollte, war eine direkte Folge des Ungehorsams seines Volkes. Er fühlte sich für sein Volk verantwortlich, ein Gefühl, was die meisten heute nicht kennen. Wir leben in einer Zeit der Verantwortungslosigkeit. Sie wird mit allen Mitteln versucht abzuschieben. Der ist schuld, jene sind verantwortlich, soll die Gemeinde sich darum kümmern, dafür soll der Staat aufkommen, usw. Nehemia identifizierte sich mit seinem Volk und bekennt die Sünde anderer Menschen, als wären es seine eigenen! Er übernimmt Verantwortung, die er nicht nehmen müsste! Wer handelt heute so? Individualität ist das Schlagwort. Doch Gott hält heute noch Ausschau nach solchen Menschen, die freiwillig Verantwortung übernehmen (Hesekiel 22,30). In Nehemia fand Gott einen solchen Mann. Mose, bei Daniel und Jesus übernehmen auch diese Verantwortung. Es ist Ausdruck der großen, wahren Liebe (Johannes 15,13).
Das Gebet von Nehemia reduziert sich auf eine bescheidene Bitte: »Lass es deinem Knecht heute gelingen und gib ihm Barmherzigkeit vor diesem Mann (dem König Artasasta)« (1,11). Diese Bitte ist das Ergebnis eines viermonatigen Gesprächs von Nehemia mit Gott. In den vier Monaten hat sich das Gebet von Nehemia entwickelt. Gebet darf nie zum Monolog werden. Ein Gebet geht meistens zuerst von Gott aus und ist unsere Antwort auf sein Reden. Jeder, der betet, weiß, dass es mehr ist als nur Bitten und Empfangen. Der heilige Geist will den Kurs des Gebets bestimmen. Gott will nicht, dass wir unsere Pläne festlegen und er dann seine Hilfe dazugeben soll. Er will, dass wir nach seinem Plan fragen. Er hat bestimmte Absichten für uns, was und wie wir es tun sollen. Entscheidend dabei ist, dass wir darauf warten, seine Stimme zu hören. Wenn uns klar wird, dass sich ein Problem um einen ganz bestimmten Punkt dreht, dann kann schon eine einfache, bescheidene Bitte der Schlüssel zu großen Veränderungen sein. Anstatt eine lange Liste von Bitten vorzutragen, genügt es oft, sich auf diese eine zu beschränken; vorausgesetzt, wir sehen das Problem so, wie es Gott auch sieht! Die Zeit spielt dabei eine wichtige Rolle.
Nehemia war bereit, selbst ein Teil der Antwort Gottes zu werden. Gott hatte ihm das Anliegen für Jerusalem wortwörtlich ins Herz gebrannt, er weinte, fastete und redete längere Zeit mit Gott. Er erkannte den richtigen Schlüssel für das Problem : Er selbst musste den König bitten, ihn nach Jerusalem gehen zu lassen und dort die Mauern wieder aufzubauen. Es war für ihn gefährlich, diese Bitte dem König vorzutragen. Trotzdem betete er und war bereit, Gott zu gehorchen.