Ein Boot in der Lagune.
Ein alter Fischer – er steht am Bug, das Wurfnetz in den Händen.
Seit einer halben Stunde sehe ich ihm zu. Er versteht sein Handwerk.
In vollendetem Kreis fällt das Netz in das Wasser.
Er lässt es sinken, wartet, bis der bleischwere Rand den Boden berührt.
Dann zieht er es hoch, behutsam, mit hoffenden Händen, spürend,
ob Leben im Netz ist oder ab der Wurf wieder einmal umsonst war.
Das Netz ist leer.
Er schüttelt es aus,
entfernt den Unrat,
bereitet sich zum nächsten Wurf.
Ich habe die Würfe gezählt:
Dreiundzwanzigmal ist das Netz auf das Wasser geklatscht.
Jedesmal zog er es leer heraus.
Der alte Fischer weiß: es gibt Tage,
da muss man das Netz werfen wider besseres Wissen:
Zwanzigmal, Fünfzigmal, hundertmal
– weil es nötig ist, das Netz zu werfen
– als Einübung in die Praxis der Hoffnung
– weil nicht werfen aufgeben hieße
– und aufgeben hieße aufhören zu leben.
L. Weingärtner