Manchmal steht die Begrifflichkeit der Begreifbarkeit im Wege. Wenn wir über den Begriff ''Sünde(n)'' nachdenken, fallen uns viele Assoziationen (Verknüpfungen) ein: Zielverfehlung, Unrecht, böse Taten und Gedanken, falsche Entscheidungen, Zügellosigkeit, Hochmut usw. Sören Kierkegaard (1813 - 1855) sagte: ''Sünde ist nicht die Wildheit des Fleisches sondern die Zustimmung des Geistes dazu''. Die Sünde resultiert im christlichen Verständnis aus einer aktiv erstrebten oder zumindest in voller Erkenntnis billigend in Kauf genommenen Abkehr von Gottes Heilsplan. Kierkegaard bezeichnete die Sünde als eine ''qualifizierte Verzweiflung'' und als eine ''Potenzierung von Verzweiflung''. In dem Sinne ist Verzweiflung das Gegenteil von Glauben! Man hält quasi mit Gewalt an sich selbst fest und ignoriert dadurch seine Bestimmung. Aber so etwas wie eine stille Einvernehmlichkeit mit sich selbst (und seiner Sünde) ist hier äußerst unangebracht. Eine Trennung ist unumgänglich: Passivität ist hierbei reine Ablehnung und führt letztlich zur Selbstgerechtigkeit. Jesus sagte: „Wer nicht mit mir ist, der ist gegen mich; und wer nicht mit mir sammelt, der zerstreut“ (Lukas 11,23). Der Gemeinde in Laodizea wurde genau diese stille Einvernehmlichkeit mit der Sünde vorgeworfen, nämlich weder warm noch kalt sondern lauwarm zu sein (Offenbarung 3, 14-16). Wenn wir der Sünde gegenüber tolerant werden stimmen wir ihr quasi zu und versuchen uns mit ihr zu arrangieren. Wir sind als erlöste Menschen dem Fleisch gegenüber aber nichts mehr schuldig und ''wollen'' demnach im Grunde unserer erlösten Seele auch nicht mehr nach dem Fleisch leben (Römer 8, 12-14: „So sind wir nun, liebe Brüder und Schwestern, nicht dem Fleisch schuldig, dass wir nach dem Fleisch leben. Denn wenn ihr nach dem Fleisch lebt, so werdet ihr sterben müssen; wenn ihr aber durch den Geist die Taten des Leibes tötet, so werdet ihr leben. Denn welche der Geist Gottes treibt, die sind Gottes Kinder''). Das bedeutet, daß wir im Geiste dem Streben des Fleisches eben nicht mehr vorbehaltlos zustimmen wollen, ja sogar können.
Entsprechend steht 1. Johannes 3,9 dieser geistliche Tatbestand: „Wer aus Gott geboren ist, der tut keine Sünde; denn Gottes Same bleibt in ihm, und er kann nicht sündigen; denn er ist aus Gott geboren“. Gott hat diejenigen Menschen erwählt (also sozusagen vor Grundlegung der Welt ewiglich gezeugt), die in Christus sind (1. Korinther 1,9) und die sind der Sünde gestorben (Römer 6,7) und sollen es auch gar nicht anders sehen. Das wäre sonst Unglaube. Wenn wir als Christen nun stolpern und hinfallen, Fehler machen, dann kann uns das auf Dauer nicht gleichgültig sein, sondern wir werden es bewusst im Geiste ablehnen und verurteilen. Gleichzeitig aber wissen und verstehen, daß uns vergeben ist. Der Geist und das Wort Gottes trennt zwischen dem was himmlisch und irdisch ist. Der Geist ist nicht liberal sondern ein Richter der Gedanken und Sinne des Herzens (Hebräer 4,12). Das ist seine Aufgabe. Unser ''Ja'' für Gott ist ein ''Nein'' zur Sünde und allem was damit zusammenhängt. Wir sollen uns nicht erneut durch sündige Regungen zugrunde richten, also sozusagen selbst fertig machen (menschlich gesehen), sondern geistlich in Herz und Verstand unsere ewige Gotteskindschaft wahrnehmen mit allen Sinnen und aller festen Hoffnung, Dankbarkeit und Zuversicht – jeden Tag auf's Neue! Und zwar indem wir den neuen (von Gott in Ewigkeit erwählten) Menschen anziehen (Epheser 4, 22-24: „Legt von euch ab den alten Menschen mit seinem früheren Wandel, der sich durch trügerische Begierden zugrunde richtet. Erneuert euch aber in eurem Geist und Sinn und zieht den neuen Menschen an, der nach Gott geschaffen ist in wahrer Gerechtigkeit und Heiligkeit“). Der Geist Christi macht es möglich! Wir sind eine neue Kreatur und das Alte ist vergangen, Neues ist geworden – auch wenn wir das nicht immer sehen – vor Gott ist es auf ewig eine vollendete Gegenwart!