Israel ist am Ende. Die Menschen haben Angst. Seit über 20 Jahren ist das Land besetzt. Was Freiheit ist, wissen die jungen Leute des Landes nur noch aus Erzählungen. Ein Volk lebt in Angst, weil es sich von Gott abgewandt hat und meint, ohne Gott auskommen zu können. Sie beten andere Götter an. Die Spirale des Niedergangs hat ihren Tiefpunkt erreicht. Noch vor Debora und Barak ging es bereits bergab mit Israel; in den Richtergeschichten vor Deboras Auftreten werden bereits die Phasen des Niedergangs beschrieben, die jeweils nach demselben Muster ablaufen.
In Richter 4 und 5 steht, dass Israel sich erneut von Gott abgewandt und zu alten Gewohnheiten zurückgefunden hat. Sie haben sich daran gewöhnt, neben ihrem Gott andere Götter anzubeten. Langsam verstricken sie sich. Schon einige Male hat sich dies wiederholt. Als die Bedrängnis unerträglich wird, schreit das Volk in seiner Not zum Herrn und wendet sich an Debora, die zu der Zeit Prophetin und Richterin in Israel ist. Gott offenbart Debora, dass Barak das Heer der Israeliten anführen und die Feinde am Berg Tabor in eine Falle locken soll. Dort würde sich Gott dann um alles kümmern und dafür sorgen, dass die Truppen von Sisera vernichtend geschlagen werden.
20 Jahre wird das Volk Israel von den Kanaanitern gequält. Und dann wird deutlich: Gott ist immer da, aber er drängt sich nicht auf. Er hat Menschen mit freiem Willen geschaffen, keine Marionetten. Die Israeliten können entscheiden, ob sie weiter in Knechtschaft leben oder mit Gott siegen wollen. Auch ich als Christ muss mich entscheiden, ob ich unter der Knechtschaft der Sünde weitermachen oder mit Jesus leben möchte - und das jeden Tag aufs Neue. Und genau wie die Israeliten muss auch ich die Konsequenzen aushalten.
Gott beruft Debora, um sein Volk zu retten. Interessant, dass Gott eine Frau in leitender Kriegsführung einsetzt. Eigentlich wäre das doch eher Männersache. Warum hat Gott keinen Mann berufen? Vielleicht hat Gott Debora eingesetzt, weil keine geeigneten Männer da waren. Sie scheuten sich Verantwortung zu übernehmen. Eine Situation, die leider auch heute oft in christlichen Kreisen vorkommt. Die Männer sind nahezu unsichtbar, weil sie keine Verantwortung übernehmen wollen oder sich sagen, die Mädels machen das schon.
Und noch etwas ist interessant: Frauen wurden zu Deboras Zeiten über ihre Männer definiert. Über Deboras Mann steht in der Bibel nur sein Name: Lapidoth. Debora wird nicht über ihren Mann, sondern über ihre Beziehung mit Gott definiert. Wäre es nicht toll, wenn die Leute auch über uns Christen sagen würden: „Das ist/das war XYZ, der/die in enger Gemeinschaft mit Gott gelebt hat.“?