Anders als moderne Menschen fragten sich die Menschen in der Bibel nicht, ob es einen Gott gibt. Sie setzten Gottes Existenz voraus. Glaube hieß für sie, Gott treu zu sein und an sich an seine Gebote zu halten: das man Gedemütigte tröstet, zu Fremden gastfreundlich ist und Notleidenden hilft. Im Deutschen nennt man den Gottesfürchtigen daher fromm- was ursprünglich hieß, dass man ihn an seiner Rechtschaffenheit und Unbescholtenheit erkennt.
Ein in diesem Sinn gottesfürchtiger Mensch zu sein - das kann man lernen. Zum Beispiel indem man Menschen Aufmerksamkeit schenkt, auch wenn sie die eigene Tagesplanung mit ihren Problemen durchkreuzen. Wer sich mit netten Menschen umgibt, zu denen er immer freundlich ist, mag unbescholten sein. Aber deswegen glaubt er noch lange nicht. Vielleicht ist er ja nur aus purem Eigennutz so! Meinst du, dass Hiob Gott umsonst fürchtet? fragt Satan den Allerhöchsten (Hiob 1,9-10): '' Du hast das Werk seiner Hände gesegnet, sein Besitz hat sich ausgebreitet im Lande. Aber strecke deine Hand aus und taste alles an, was er hat: Was gilt's, er wird dir ins Angesicht absagen!'' Nur solange es ihm gut geht, werde Hiob gottesfürchtig sein, unterstellt der himmlische Ankläger. Tatsächlich kann es desto schwieriger werden, Gott für sich zu entdecken und treu zu bleiben, je verzweifelter die eigene Lage ist. Das biblische Buch Hiob beschreibt die Not als Testfall, an dem sich zeigt, wie es um Hiobs Glauben wirklich bestellt ist. Glaube immunisiert nicht gegen das Elend. Er kann verhindern, dass einen die Not verbittert. Er kann sich als Hoffnung, Lebensmut und Widerstandsgeist zeigen, wenn man nichts mehr zu verlieren hat.
Man kann versuchen, der Zusage zu vertrauen, dass Gott auch aus dem Bösesten Gutes schaffen kann und will. Aber man kann nur hoffen, dass man dann aus allem das Beste macht und im Ernstfall in einem die nötige Widerstandskraft dafür heranwächst. Man kann nur beten, dass man den Glauben hat, wenn es auf ihn ankommt. Erzwingen kann man ihn so wenig wie die Liebe.