Menschen, die einmal unter Trümmern verschüttet waren, etwa im Krieg, erzählen, wie diese Erfahrung ihr gesamtes Leben geprägt und verändert hat. Sie begreifen ihre Rettung aus dem Eingeschlossen sein als das Geschenk eines neues Lebens, wo sie schon mit dem alten abgeschlossen hatten.
Solche Erlebnisse können uns nahebringen, worum es in der Taufe geht. In ihr wurden in den ersten Jahrhunderten des Christentums Erwachsene nach einer langen Zeit der Vorbereitung durch völliges Eintauchen und Wiederauftauchen getauft.
''Wir wurden mit Christus begraben durch die Taufe auf den Tod''. sagt Paulus und für die alte Kirche war die Taufe durch Untertauchen eben auch ein Symbol für das Mitsterben des bisherigen Menschen mit Christus. Das Eingeschlossen werden vom Wasser der Taufe war Zeichen des Abschließens mit dem bisherigen Leben. Der ''alte Mensch“, gezeichnet von der Sünde und bedroht vom Sterben, wurde so zeichenhaft begraben, und ein neuer Mensch stand auf aus diesem Wasser der Taufe: einer, der frei geworden ist für ein neues Leben.
Wir, die wir zumeist als Kinder getauft wurden, müssen uns als erwachsene, mündige Christen die Taufentscheidung unserer Eltern selbst zu eigen machen. Wir brauchen immer neu diese Rückbesinnung auf den Ursprung; denn unser Alltag mit seinen Gewohnheiten und Zwängen treibt uns immer wieder in ein Leben, das viele Brüche und Risse entstehen lässt, das viele Spuren des Todes in sich trägt.
Wer in das Wasser untertaucht und nicht mehr herauskommt, muss sterben. Die Fluten werden ihm zum Grab. Eine Taufe durch Untertauchen drückt leibhaftig aus: Wer sich für das neue Leben in Christus entscheidet, der hat Teil an seinem Tod und seiner Auferstehung. So gesehen ist die Taufe ein tiefer Einschnitt in das Leben eines Menschen: Wer sich hat taufen lassen, wer sich als erwachsener Mensch bewusst zu seiner Taufe bekannt hat, der hat sich wie Jesus in die Verfügungsgewalt Gottes gegeben. Wie Jesus am Kreuz ist er fixiert und festgelegt - auf Gott. Begraben wird der alte Mensch mit seinem Eigen-Sinn und dessen Konsequenzen von Gier und Egoismus, von Ungerechtigkeit und Bosheit. Der in den Wassern begrabene Mensch steigt mit Jesus als neuer Mensch daraus empor, er hat das Leben Jesu ''angezogen“ (vgl. Eph 4,24). Früchte dieses neuen Lebens sind Liebe, Freude, Friede, Langmut, Freundlichkeit, Güte, Treue, Sanftmut und Selbstbeherrschung (Gal 5,22f), wie Paulus sagt.
Ungetaufter und Getaufter unterscheiden sich radikal. Im Lukasevangelium fragt der Engel die Frauen: ''Was sucht ihr den Lebenden bei den Toten?“ - Ich wünsche uns allen, dass wir den lebenden Jesus suchen und finden bei den Lebenden: dass wir mit Jesus eingetaucht sind in das Grab für alle Bosheit und alle Tode, die uns das Fürchten lehren, und dass wir mit auferstanden sind zu dem neuen Leben, das wirklich Zukunft - Gottes Zukunft - für uns alle eröffnet.